Beunruhigende Zahlen im Jahresbericht 2023: Antiziganistische Vorfälle in Deutschland haben sich verdoppelt

18.6.2024

Gestern wurde der Jahresbericht 2023 der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) zu antiziganistischen Vorfällen in Deutschland von der Bundesgeschäftsstelle in Berlin vorgestellt. Im vergangenen Jahr hat MIA demnach insgesamt 1.233 antiziganistische Vorfälle erfasst. Dies ist fast eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr (621 Vorfälle).

Die höheren Zahlen des zweiten Jahresberichts von MIA stünden im Zusammenhang mit dem Rechtsruck in Deutschland und seien auch durch den wachsenden Bekanntheitsgrad von MIA zu erklären, hieß es. Aber es sei nach wie vor von einem großen Dunkelfeld antiziganistischer Vorfälle auszugehen.

Bei den Vorfällen stechen laut Melde- und Informationsstelle Antiziganismus drei Aspekte ins Auge: Die erste, alarmierende Erkenntnis ist die eindeutige Zunahme extremer Gewalt: Nach einem Vorfall im Jahr 2022 hat MIA im aktuellen Bericht 10 Fälle extremer Gewalt dokumentiert.

Mit Sorge stellt MIA zweitens fest, dass antiziganistische Äußerungen bei Versammlungen, etwa in Fußballstadien, und antiziganistische Propaganda, vor allem durch rechte Parteien, das gesellschaftliche Klima vergiften und Menschen zur Gewalt anstacheln. Antiziganistische Äußerungen, die unter „verbale Stereotypisierung“ erfasst werden, bilden mit 600 Fällen die meistverbreitete Vorfallart im Jahr 2023.

Die dritte Erkenntnis resultiert aus der hohen Zahl antiziganistischer Diskriminierungsvorfälle (502). Etwa ein Viertel dieser Fälle wurde durch staatliche Institutionen verantwortet. Damit zeige sich, dass der institutionelle Antiziganismus, wie schon im Jahr zuvor, ein eklatantes Problem darstelle, so MIA. Da in vielen Diskriminierungsfällen Polizeibeamt*innen beteiligt waren, hat MIA im Jahresbericht 2023 einen Schwerpunkt auf das Thema Antiziganismus in der Polizei gelegt. MIA fordert, dass Innenministerien und Polizeibehörden tiefgreifende Maßnahmen auf allen Ebenen ergreifen, um dem Antiziganismus bei der Polizei entgegenzutreten.

Viele Vorfälle auch auch bei MIA Hessen registriert

Seit Juli 2023 gibt es auch in Hessen eine regionale Meldestelle von MIA (https://hessen.antiziganismus-melden.de/). Insgesamt wurden dort für Hessen im vorigen Jahr 113 Vorfälle verzeichnet. Die häufigste Vorfallart in Hessen war die verbale Stereotypisierung (46), gefolgt von Diskriminierung (44). Es wurden zudem jeweils neun Bedrohungen und Angriffe sowie vier Sachbeschädigungen registriert. Bezüglich der meldenden Personen falle auf, dass ein Großteil selbst betroffen war und nur wenige Zeug*innen Vorfälle gemeldet habe, so MIA Hessen. Siehe dazu auch Bericht auf S. 35 im aktuellen MIA-Jahresbericht 2023.

Nähere Informationen/Pressemitteilung und Downloadmöglichkeit des Berichts >> https://www.antiziganismus-melden.de/2024/06/17/melde-und-informationsstelle-antiziganismus-mia-veroeffentlicht-2-jahresbericht-zu-antiziganistischen-vorfaellen-in-deutschland-die-vorfallzahl-hat-sich-im-vergleich-zum-vorjahr-beinahe-verdoppelt/

Zum PDF des Berichts >> https://www.antiziganismus-melden.de/wp-content/uploads/2024/06/MIA-JB-2023-Internet.pdf