Innenminister Poseck besucht Fachstelle „Rote Linie“

Fachstelle am Limit – Rechtsextremismus bei Jugendlichen wächst

Der hessische Innenminister Prof. Dr. Roman Poseck hat auf Einladung von Dr. Reiner Becker, Leiter des Demokratiezentrums Hessen, die pädagogische Fachstelle Rote Linie besucht, um sich über deren Arbeit zu informieren. Das Team der Fachstelle arbeitet landesweit mit Kindern und Jugendlichen, die mit rechtsextremen Einstellungen in Berührung gekommen sind oder bereits erste Straftaten im extremistischen Kontext begangen haben.

„Wir arbeiten mit den jungen Menschen und ihrem direkten Umfeld – mit Schulen, Ausbildungsstellen, Angehörigen und Vereinen“, erklärt Torsten Niebling, Co-Leiter der Roten Linie. Genau dieser niedrigschwellige, beziehungsorientierte Ansatz mache die Arbeit besonders wirksam. Gleichzeitig stellte Niebling: „Wir stehen längst an der Kapazitätsgrenze. Die Zahl der Hilfeanfragen nimmt weiter zu – obwohl wir jetzt schon voll ausgelastet sind.“

Minister Poseck zeigte sich bei seinem Besuch sehr interessiert und stellte zahlreiche Nachfragen zu Methoden und Erfahrungen aus der praktischen Arbeit. Er betonte, wie wichtig präventive Ansätze im Umgang mit rechtsextremen Tendenzen seien – insbesondere bei jungen Menschen. Zwar stehe Hessen derzeit unter erheblichem Haushaltsdruck, die Arbeit der Fachstelle sei aber von „enormem gesellschaftlichem Wert“ und Poseck selbst werde sich weiter persönlich für das Thema einsetzen.

„Wohin sollen sich die Jugendlichen distanzieren?“

Die Mitarbeitenden der „Roten Linie“ griffen diesen Punkt auf – und warnten zugleich vor wachsenden Herausforderungen: „Wir erleben, dass sich das Umfeld vieler Jugendlicher verändert hat“, so Chioma Oguebinike, Co-Leiterin des Projekts „Wo es früher noch Widerspruch oder klare Grenzen gab, stoßen rechtsextreme Aussagen heute leider immer häufiger auf Zustimmung oder Gleichgültigkeit. Das macht unsere Arbeit massiv schwerer.“ Wenn das soziale Umfeld eine demokratiefeindliche Haltung als „normal“ akzeptiere, sei es kaum mehr möglich, glaubwürdige Distanzierungsangebote zu schaffen. „Denn wohin sollen sich die Jugendlichen eigentlich distanzieren, wenn die radikale Position zum Alltag gehört?“

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Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen blicken die Fachkräfte mit Sorge in die Zukunft. Ohne zusätzliche Ressourcen und klare politische Rückendeckung werde es zunehmend schwer, junge Menschen rechtzeitig zu erreichen und vor einer weiteren Radikalisierung zu schützen.

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