Sommertour der SPD-Landtagsfraktion im Demokratiezentrum Hessen
„Wo Beratung beginnt, fängt Veränderung an“
28.7.2025. Im Rahmen ihrer Sommertour besuchten Mitglieder des Arbeitskreises Innen der SPD-Landtagsfraktion das Demokratiezentrum Hessen in Marburg. Dr. Reiner Becker machte dabei deutlich, wie stark die Nachfrage nach Beratung wächst – und warum jede Anfrage auch ein Zeichen von Hoffnung ist..
Dr. Reiner Becker, Leiter des Demokratiezentrums, schilderte den SPD-Abgeordneten Cirsten Kunz-Strueder (Lahn-Dill-Kreis), Sebastian Sack (Marburg-Biedenkopf) und Lisa Gnadl (Wetterau-Kreis) eindrücklich die zunehmende Komplexität der Arbeit: „2024 haben wir einen Höchststand bei Beratungs- und Bildungsanfragen im Kontext Rechtsextremismus erlebt. Das hat viele konkrete Anlässe – meist wenden sich Menschen an uns, wenn sie bereits einiges ausprobiert haben und merken, dass sie allein nicht mehr weiterkommen.“ Dabei sei jede Anfrage auch ein Hoffnungssignal: „Es zeigt, dass Menschen Verantwortung übernehmen und etwas ändern wollen.“
Gegenüber der Delegation betonte Becker, dass die Beratungsprozesse oft kleinteilig und individuell seien: „Eine Beratung kann ein einstündiges Gespräch sein oder sich über Monate ziehen. Sie findet immer im konkreten sozialen Raum statt – in Klassenzimmern, Jugendzentren oder auch im digitalen Raum. Gerade darin liegt auch unsere Chance.“
Ein zentraler Aspekt des Gesprächs war die Rolle der Schule. „Schulen sind einer der letzten Orte, an denen junge Menschen aus allen Schichten täglich zusammenkommen. Sie bringen ihre Lebenswelt mit“. Dies führe aber auch dazu, dass Schulen überadressiert seien an Erwartungen. Das liege vor allem daran, das andere gesellschaftliche Orte der Orientierung fehlten. Eine besondere Schwierigkeit komme hinzu, wenn Lehrkräften fehlende Neutralität unterstellt würde. „Das verunsichert und führt zu einer echten Belastung“, erklärte Becker.
Bindeglied zwischen Praxis, Wissenschaft und Gesellschaft
Becker wies auf die Bedeutung politischer Bildung hin, die über reine Partizipationserfahrungen hinausgehen müsse. „Wir brauchen nicht nur demokratiepädagogische Zugänge, sondern auch klassische politische Bildung. Es geht darum, wie Demokratie eigentlich funktioniert.“
Darüber hinaus stellte er den Abgeordneten die Struktur des Beratungsnetzwerks vor: Mit „response“ (Opfer- und Betroffenenberatung), „OFEK“ (Beratung bei Antisemitismus) sowie fünf Teams der Mobilen Beratung und der „Roten Linie“, der pädagogischen Fachstelle Rechtsextremismus, bietet das Netzwerk ein breites Spektrum an Unterstützung für Schulen, Kommunen, Vereine und Einzelpersonen. „Wir sehen uns als Bindeglied zwischen Praxis, Wissenschaft und Gesellschaft“, so Becker.

Dr. Reiner Becker (zweiter von links) zusammen mit den Landtagsabgeordneten Cirsten Kunz-Strueder (Lahn-Dill-Kreis, von links), Sebastian Sack (Marburg-Biedenkopf) und Lisa Gnadl (Wetterau-Kreis).
Gleichzeitig warnte er vor den Auswirkungen kurzfristiger Finanzierungszusagen: „Demokratieförderung ist keine Aufgabe auf Zeit. Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, die Planungssicherheit schafft.“
Die SPD-Abgeordneten zeigten sich beeindruckt von der Arbeit und signalisierten politische Unterstützung. Lisa Gnadl, innenpolitische Sprecherin der Fraktion, verwies auf den Koalitionsvertrag und die Notwendigkeit eines Demokratiefördergesetzes in Hessen. Es sei erfreulich, dass die Anschlussförderung für die neue Periode gesichert werden konnte.
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